Die Faszination der Mathematik

Mathe-Blogs

Das Gehirn – schneller als der Taschenrechner

Kopfrechnen ist leicht. Handgemalt mit Photoshop von Joe Freiburg. Veröffentlicht auf www.geilemathe.de

Viele Lehrer verwechseln das Kopfrechnen mit Auswendiglernen von Zahlenrechnungen. Das ist aber langweilig, Auswendiglernen ist immer langweilig. Mit Tricks arbeiten, das ist spannend, vor allem, wenn man die Tricks verstanden hat.

Rechnen wir also im Kopf. Das tut auch nicht weh, sorgt eher für ein Durchlüften des Gehirns und wirkt daher erfrischend. Ich erzähle hier jetzt etwas über meine liebsten Kopfrechentricks. Eine Zusammenfassung.

Quadrieren mit binomischen Formeln

Das ist der Standardtrick der Lehrer, wenn es um das Quadrieren von Zahlen geht. Kurz zu den binomischen Formeln, es gibt drei, die sich auf den Exponenten 2 beziehen:

(a+b)2 = a2 + 2ab + b2                     (a-b)2 = a2 – 2ab – b2                       (a+b)(a-b) = a2 – b2

Beschriebe man die Formeln, so sagte man: Erster Wert in der Klammer zum Quadrat, zweiter Wert in der Klammer zum Quadrat und das Produkt der beiden Zahlen in der Klammer multipliziert mit 2. Wenn ihr dann noch auf die Vorzeichen achtet, sind die Formeln eine echte Rechenhilfe, weil sie Berechnungen abkürzen können.

Möchte jemand 512 berechnen, nimmt er die 51 und schreibt sie als Summe 50+1. Das soll ja quadriert werden, also (50+1)2. Und da ist sie, die erste binomische Formel. Und jetzt die Beschreibung der binomischen Formel abarbeiten: Die 50 zum Quadrat (2500), die 1 zum Quadrat (1) und das Produkt der beiden Zahlen multipliziert mit 2 (100). Alles addieren: 2601. Fertig!

Bei Zahlen knapp unter dem ganzen Zehner muss nur das doppelte Produkt abgezogen werden. Beispiel: 482. 48 = 50-2, also (50-2)2. 50 Quadrat (2500), 2 Quadrat (4) das doppelte Produkt (200). 2504-200 = 2304, fertig.

Quadrieren von Zahlen, die auf 5 enden

Wenn Ihr Zahlen quadrieren müsst, die auf 5 enden, geht das noch viel einfacher. Da hilft vedische Mathematik. Die Idee ist: Wenn ihr eine Zahl mit der Endziffer 5 quadriert, endet das Ergebnis immer auf 25. Eigentlich klar, denn lässt man die 5 weg, hat man eine auf 0 endende Zahl und die erzeugt im Quadrat zwei Nullen am Ende, die dann einfach durch die 25 ersetzt werden.

Die 5 ist verarbeitet. Jetzt kümmert ihr euch nur um den Rest, also die Zahl ohne die 5. Sucht euch die nächst größere natürliche Zahl und multipliziert diese mit dem Rest. Das Ergebnis schreibt ihr vor die 25, fertig!

Beispiel: 852. Die 5 wird zur 25. 85 ohne 5, da bleibt die 8. Der Nachfolger der 8 ist die 9. 8*9 sind 72, 25 hinten dran und ihr habt 7225. Oder die 1352. 13*14 = 182. 25 hinten dran: 18225.

Warum ist das eigentlich so? Wir können es ja mal schnell beweisen. Mit den binomischen Formeln würden wir rechnen (80+5)2. Die 25 hinten sind geschenkt. Dann blieben 802 + 5*80*2 = 7200. Die beiden Nullen bitte ignorieren, da kommt ja später die 25 hin. Bleibt 72 und das ist nichts anderes als 8*9. Im Rechenkasten seht ihr den allgemeinen Beweis für diesen grandiosen vedischen Trick.

Wenn ihr das Ergebnis nur abschätzen wollt, reicht bei höheren Zahlen auch das Quadrieren des Zahlenrests ohne die 5, und dann 25 hinten anhängen. Der Schätzwert wird besser, je höher die Zahl ist.

Alle auf 9 und der letzte auf 10

Noch so eine elegante Technik aus der vedischen Mathematik. Hier geht es um das Ergänzen einer Zahl auf die nächste Größe im Zehnersystem. In der Stochastik wird das täglich gebraucht. Beispiel: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei 20maligen Würfeln mindestens eine 6 würfelt? Da kann man dann Jahre lang alle Möglichkeiten ermitteln und die berechnen oder man berechnet einfach die Gegenwahrscheinlichkeit (man würfelt keine 6) und zieht sie von 1 ab. Wahrscheinlichkeit + Gegenwahrscheinlichkeit = 1.

Bis ihr mit dem Taschenrechner die Gegenwahrscheinlichkeit gespeichert, den Stochastikmodus verlassen, und die Differenz ausgerechnet habt, seid ihr mit der vedischen Regel schon fertig. Nehmen wir an, der berechnete Wert lautet 0,235438923475492344. Ihr geht einfach die Nachkommastellen durch und ergänzt jede Nachkommastelle so, dass sie 9 ergibt. Nur die letzte Stelle wird auf 10 ergänzt. Ihr schreibt dann einfach runter:

0,235438923475492344
0,764561076524507656              Das war’s!

Blockbildung

Beim Addieren vieler Zahlen kann man natürlich Zahl für Zahl zusammenrechnen, das funktioniert mit ein wenig Übung rasend schnell. Mit ein wenig Zahlengespür können aber Blöcke in den Zahlenkolonnen gefunden werden, die zusammen 10 oder 20 ergeben. Eine 4 und eine 6 etwa oder eine 1 eine 2 und eine 7. Damit rast ihr durch die Addition durch, bevor andere die Zahlen in den Rechner getippt haben. Schaut mal in den Rechenkasten. Die gleichfarbig hinterlegten Ziffern in den Spalten ergänzen sich immer zu glatten Werten der Zehnerreihe.

Wurzel ziehen

Die Wurzel ist nichts anderes als die Umkehrfunktion des Quadrats. Wenn ich die Wurzel einer Zahl suche, dann suche ich eine positive Zahl, die ich mit sich selber multipliziere, damit die vorgegebene Zahl als Ergebnis rauskommt. Bei den Quadratzahlen ist das einfach. Die Wurzel aus 49 ist 7, weil 7*7=49. Übrigens! Auswendiglernen ist ja nichts, was ich als besonders sinnvoll darstelle, aber hier hilft es tatsächlich weiter. Lernt gerne die Quadratzahlen von 1 bis 25 auswendig, dann spart ihr Zeit beim Kopfrechnen.

Was ist aber, wenn ich die Wurzel aus 55 berechnen möchte? Ihr sucht euch die nächst kleinere und nächst größere Quadratzahlen raus, die 49 und die 64. Die Wurzeln daraus sind 7 und 8. Jetzt wisst ihr, dass die Wurzel von 55 irgendwo zwischen 7 und 8 liegen muss. Dann zählt ihr von 49 bis 64. 15 Schritte müsstet ihr laufen, um von 49 bis 64 zu kommen. Ihr wollt aber nur bis 55, also reichen 6 Schritte. Das sind aber 6/15 vom ganzen Abstand. Den Bruch kann man schön per Annäherung ausrechnen. Dazu versucht ihr, den Nenner auf 100 zu bringen. Schafft Ihr das, könnt ihr den Zähler direkt als Nachkommastellen hinter der 7 einsetzen. Die 15 muss man rund mit 6,5 malnehmen. Dann seid ihr bei 97,5. Das machen wir mit dem Zähler auch: 6 * 6,5 = 38.

Jetzt kommt der Augenzumoment, das ist einer, der mathematisch irrsinnig ist, aber gut funktioniert. Von 97,5 fehlen bis zur 100 ungefähr 2,5% (!!). Die rechnet ihr auf die 38 drauf. 0,38+0,38+0,19 = 0,95. Wir kommen auf 38,95 und diese Ziffern schreiben wir hinter die 7, also: 7,3895. Aufrunden auf die erste Nachkommastelle ergibt 7,4. Die tatsächliche Wurzel aus 55 ist 7,416. Eine gute Näherung mit wenig Aufwand. Die wird übrigens mit höheren Zahlen nicht schlechter.

Nehmt die Wurzel aus 145. 145 liegt zwischen 144 und 169. Der Abstand ist 25, ihr geht aber nur einen Schritt von der 144 zur 145, also 1/25. Erweitert auf 100 ergibt: 4/100 oder 0,04. Zu 12 addiert: 12,04. Und das korrekte Ergebnis lautet 12,04159…

Traut euch mal! Lasst den Taschenrechner links liegen und nötigt eure grauen Zellen. Und wenn Ihr dann eine komplette Kurvendiskussion im Kopf mit Näherungswerten durchgeackert habt, dann spürt ihr dieses wunderbare Erfolgserlebnis und das Wissen darüber, dass euer Hirn viel mehr kann als man denkt!

Schreibe eine Antwort