Zahlenspiele sollten Teil des Matheunterrichts werden. Einerseits sind sie nicht unspannend, andererseits verblüffen sie teils sehr und nebenbei wächst das Zahlengefühl spielerisch ohne anstrengendes Lernen.
123 – Das Partyspiel
Partyspiele laufen heute oft nach dem Motto: „Würfel einmal mit einem Würfel. Erhältst Du eine Quadratzahl, oder eine Zahl die genau 1 von einer Quadratzahl entfernt ist oder eine Zahl, die durch 6 teilbar ist, dann trinke eine Mischung aus Billigwodka und Jägermeister, ohne Deinen Mageninhalt wüst im Raum zu verteilen.“ Kann man machen, aber da gibt es spannendere Dinge.
Beim 123-Spiel muss man erdenken, wie man aus jeder beliebigen natürlichen Zahl durch eine Regel auf die 123 kommt. Das soll für die 458 gelten, aber auch etwa für die 1235453289451320483535. Wie viele Stellen die Zahl hat, ist beliebig. So, dann ran ans Denken, hier folgt eine Spoiler-Lücke!
… Spoiler-Lücke …
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Die Lösung ist nicht ganz auf der Hand liegend. Man zähle alle geraden Ziffern und schreibe die Zahl auf. Dann zähle man alle ungeraden Ziffern und schreibe die Zahl direkt hinter den ersten ermittelten Wert. Schließlich zählt man alle Ziffern und packt die Zahl an die anderen beiden hinten dran. Mit der so erhaltenen Zahl mache man das gleiche. Und in praktisch allen Fällen ist man nach vier Runden bei 123. Faszinierend! Warum ist das aber so?
Wir rollen das System – und das steckt natürlich dahinter – von hinten auf. 123 ist eine dreistellige Zahl, sie besteht aus 3 Ziffern, deshalb muss die letzte Ziffer eine 3 sein. Für die ersten beiden Ziffern gilt dann natürlich, dass deren Summe 3 ergeben muss. Das geht aber nur für die Kombinationen 3-0, 0-3, 2-1 und eben 1-2. Die 1-2 ist das Ende der Kette, denn 3 ist sowieso ungerade und in allen 4 beschriebenen Fällen gibt es genau eine gerade und eine ungerade Zahl.
Was mit der 0 ist? Nun, das ist eine gerade Zahl, weil sie im Zahlenstrahl in der Folge der geraden Zahlen vorkommt, nicht in der der ungeraden Zahlen.
Interessant ist, dass es völlig egal ist, welche dreistellige Zahl ihr nehmt, es wird immer eine der vier beschriebenen Kombinationen herauskommen und dann im nächsten Schritt die 123.
Dass ihr in „praktisch“ allen Fällen nach 4 Runden durch seid, zeigt eine Zahl mit 999 Stellen. Die ist auf einer Party schon grenzwertig lang. Da sie aber 999 Stellen hat, muss hinten eine 999 stehen. Vorne findet ihr maximal 6 Stellen, nämlich dann, wenn es gerade und ungerade Ziffern im Hunderterbereich gibt, also etwa 421 gerade und 578 ungerade. Nach dem ersten Schritt liegt also eine maximal 9-stellige Zahl vor. Die erzeugt in der zweiten Runde eine dreistellige Zahl, da ja nur 9 Ziffern übriggeblieben sind. In der dritten Runde folgt eine der 4 Kombinationen, die dann spätestens in der 4. Runde zu 123 wird. Bei 9999 Stellen könnte es eine 5. Runde geben, aber das muss dann schon eine sehr heftige Party sein.
Kaprekar-Party-Trinkspiel
Dattathreya Ramachandra Kaprekar war ein indischer Mathematiker, der unter anderem die im nächsten Abschnitt beschriebene Kaprekar-Konstante beschrieben hat. Auf seine Kappe gehen aber noch andere hübsche Rechenoperationen, die sich mitunter in äußerst unterhaltsame Spiele wandeln lassen. Er schuf beispielsweise Zahlenfolgen, die auf einer einfachen, wie eleganten Vorschrift erzeugt werden. Nehmen wir eine beliebige zweistellige Zahl, etwas die 25. Um das Folgeglied zu erhalten, addieren wir die Zahl mit ihrer Quersumme. 25+2+5=32. Und mit dem Ergebnis arbeiten wir einfach weiter 32+3+2=37, 37+3+7=47 und so fort. Einen solchen Folgengenerator findet ihr in der Excel-Tabelle „Kaprekar.xls“, die hier im Bereich „Programme“ zum Download bereitsteht.
Natürlich stellt sich nun jeder die Frage, ob es bei einer solchen Folge garantiert ist, dass das Folgeglied stets größer ist. Die Frage können wir sofort mit dem beliebten mathematischen Kommentar „trivial“ abtun, der häufig von Matheprofessoren benutzt wird, um lästige Beweise oder auch fehlende Beweise zu vermeiden oder zu kaschieren. Ein beliebiges Folgeglied dieser Reihe entsteht durch das Ergebnis der letzten Rechenoperation plus der Quersumme, und da die Quersumme immer größer oder gleich 0 sein muss, muss das Folgeglied auch größer sein.
Das Trinkspiel hat nun folgende Regeln. Die sind übrigens so gestrickt, dass ein Gewinn mit fortwährender Spieldauer aufgrund des allgemein zu erwartenden ansteigenden alkoholischen Pegels immer unwahrscheinlicher wird. Deshalb sollte das Spiel unbedingt nach 3-4 Runden in eine mehrstündige Pause für die aktuell beteiligten Spieler gehen.
Spieler 1 offenbart eine ganze natürliche Zahl, etwa das Alter seiner Oma, die gerade 85 geworden ist. Spieler 2 muss nun innerhalb von 10 Sekunden eine Startzahl nennen, in deren Folge nach den oben beschriebenen Regeln diese Zahl auftaucht. Tut sie das, hat Spieler 2 gewonnen, wenn nicht gewinnt Spieler 1.
Ein Beispiel: Spieler 1 sagt 85 und Spieler 2 tippt auf die 14. Dann wird gerechnet:
14+1+4 = 19. 19+1+9=29. 29+2+9=40. 40+4=44. 44+4+4=52. 52+5+2=59. 59+5+9=73. 73+7+3=83. 83+3+8=94. Ende. Die Folge kann nicht zurück, Spieler 1 gewinnt.
Anfangs kann der gewiefte Spieler sich noch eine Reihe von Folgen merken, um einen Vorteil im Spiel zu erhalten, aber sollten Geburtsjahre wie 1991 ins Rennen geworfen werden, wird das Glück immer mehr Herrscher über den Spielausgang.
Kaprekar-Konstante
6174, das ist die vierstellige Kaprekar-Konstante. Es gibt andere oder auch Sequenzen von Zahlen, die mit dem Kaprekar-System erzeugt werden können, wir konzentrieren uns auf die vierstellige Konstante. Ihr könntet auf einer Party nach einem Bildungsgesetz fragen, das aus einer beliebigen vierstelligen Zahl, deren Ziffern nicht alle gleich sein dürfen, die Zahl 6174 entsteht. Kennt jemand nicht zufällig diese Zahl, kann die Party mitunter lange dauern.
6174 hat etwas sehr Besonderes. Ordnet die Ziffern der Größe nach von groß nach klein und umgekehrt. Ihr erhaltet 7641 und 1467. Wenn Ihr nun die Differenz bildet, kommt wieder 6174 als Ergebnis raus. Klar, dass diese Zahl erneut geordnet und subtrahiert wieder 6174 ergibt. Die Kaprekar-Konstante ist die einzige vierstellige Zahl mit dieser herausragenden Eigenschaft. So ist es nicht verwunderlich, dass sie irgendwann in der Folge, die nach diesen Regeln aufgestellt ist, erscheint und ab da sich nie wieder ändern wird.
Die Spielregel lautet also: Man nehme eine beliebige vierstellige Zahl, deren Ziffern nicht alle gleich sind (sonst würden wir ja nach der ersten Runde bei 0 ankommen und der Spaß endete jäh). Die Ziffern der Zahl der Größe nach sortieren. Große Zahl minus kleine Zahl berechnen. Mit dem Ergebnis weiterarbeiten.
Da heute die Party im Vordergrund steht, vertagen wir ein paar interessante Fragen bezüglich der Kaprekar-Konstante auf einen demnächst erscheinenden Beitrag. Die Fragen liegen ja auf der Hand: Kann man die Existenz der Kaprekar-Konstante beweisen? Funktioniert die Idee auch, wenn ihr 3- oder 5-stellige Zahlen nehmt? Und gibt es ähnliche Zahlen, wenn man das Dezimalsystem verlässt und sich dem Dual- oder Hexadezimalsystem widmet? Fragen, die ihr im Vorfeld schon bei der nächsten Party mit großem Abstand und Mundnasenschutz klären könnt.
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