Die Faszination der Mathematik

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Ausgerechnet ich!

Ausgerechnet ich. Handgemalt mit Photoshop von Joe Freiburg. Veröffentlicht auf www.geilemathe.de

Wir neigen häufig zu einer Frage, die mit „Warum muss ausgerechnet ich…?“ beginnt. Oft schwingt da Empörung mit oder sogar eine tiefe Unrechtsvermutung. Hätte das nicht statt mir dem da drüben passieren können? Jetzt steckt in der Frage dieses kleine Wörtchen „ausgerechnet“ drin und das schreit ja förmlich danach, solche Fragen mathematisch zu ergründen. Die Mathematik lügt nicht, sie müsste also bestätigen können, ob es sich bei einem Sachverhalt um Ungerechtigkeit oder einfach um eine wahrscheinliche Fügung handelt.

Situation: Ihr geht Joggen. Um die Gelenke zu schonen, nehmt ihr bevorzugt den Wiesenuntergrund, falls es auf eurem Weg einen solchen gibt. Plötzlich spürt ihr unter dem rechten Laufschuh dieses widerliche Flatsch-Gefühl. „Warum muss ausgerechnet ich in diesen Hundehaufen treten?“. Da haben wir die typische Fragestellung wieder. Der Mathematiker sagt nun: „Warum nicht?“ und argumentiert etwa wie folgt: 4 Kilometer Joggen macht etwa 4000 Schritte. Sei die Schuhbreite im Schnitt 12 cm und die Länge 25 cm, dann kommt Ihr während eines Schritts mit 300cm² Boden in Berührung. Bei 4000 Schritten sind das 1.200.000 cm² oder 120 m². Die gesamte Fläche, die ihr durchlauft, ist aber 480 m² groß (4000 m mal 12 cm), ihr berührt also ein Viertel der potentiellen Fläche mit den Schuhen.

Nehmen wir an, auf einer belebten Grünfläche haben wir eine Hundekackedichte von einem Haufen auf 100 m² und der Haufen nimmt durchschnittlich 100 cm² Fläche in Anspruch, dann wäre die Wahrscheinlichkeit bei 1:10.000, dass es Flatsch macht. Auf eurem Weg habt ihr nun potenziellen Kontakt mit 4,8 (also rund 5) Hundehaufen. Die Chance, einen zu treffen, liegt dann bei ungefähr 1:800. Joggt ihr täglich, träft ihr alle 2 Jahre und gut 2 Monate einen Haufen, so ihr dann ausschließlich über Rasen rennt.

Der Moment, in dem man ihn trifft, führt jetzt zu der Unrechtsvermutung. Aber, Hand aufs Herz, das nennt man dann wohl subjektive Wahrnehmung. Das „Warum nicht?“ des Mathematikers zielt sachlich auf die vorhandene Wahrscheinlichkeit und deshalb wundert der sich nicht, wenn er den Haufen trifft. Dreht das Beispiel einfach einmal um. 2 Jahre und 2 Monate morgendlich nach dem Joggen ruft ihr aus „Geil, ich bin nicht in Hundekacke gelaufen!“, und euer Nachbar hört das täglich. Was genau wird er für eine Meinung von euch aufbauen?

Wenn ihr also schon wieder den Kaffee in euren Beinkleidern tränkt, das Glas Rotwein auf dem neuen Teppich verteilt, die frisch geputzte Glasscheibe nicht erkennt oder einen Veggie-Burger statt dem Siebenundzwanzigsechstelpfünder eingepackt bekommt, Shit happens, aber sehr selten!

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