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20.000 vs. 1.300.000 – Zählen für Anfänger

20000 Zählen lernen. Handgemalt mit Photoshop von Joe Freiburg. Veröffentlicht auf www.geilemathe.de

Am 1. August 2020 fand eine Demonstration in Berlin statt. Ihre Aufgabe war vordergründig das Ende der Corona-Pandemie zu bestimmen. Eine durchaus wirksame Methode ein Virus auszulöschen, vor allem, wenn man große Pandemien der Vergangenheit betrachtet, die stets in den Griff bekommen wurden, wenn einer oder zwei oder 20.000 brüllten: „Ende!!“

Geilemathe beschäftigt sich aber nicht mit politischen Themen, weil es ja gerade gegründet wurde, um der Irrationalität des Lebens einen Halt in klaren Fakten entgegenzusetzen. Aber Zählen, das ist was für geilemathe. Und bis 20.000 (von der Polizei hochgerechnete Besucherzahl auf der Demo) und 1.3 Mio (vom Veranstalter hochgerechnete Besucherzahl auf der Demo) zu zählen, das ist einfach.

Üblicherweise zählt man Mengen, indem man sich alle Elemente der Menge modellhaft in einer Reihe vorstellt und dann die natürlichen Zahlen nacheinander abarbeitet. Das erste Element bekommt die Nummer 1, das zweite die Nummer 2 und so weiter. Die Nummer, die das letzte Element zugewiesen bekommt, entspricht dann der Anzahl aller Elemente, das ist dann die Mächtigkeit dieser Menge.

Man kann auch rückwärts zählen (Countdown). Die beiden Techniken sollte man dann aber nicht miteinander mischen, das führt zu leichten Fehlern. Probiert es einmal aus. Nehmt eure linke Hand und zählt rückwärts die Finger ab. 10, 9, 8, 7 und 6. Dort angekommen zählen wir die 5 Finger der rechten Hand dazu und sind bei 11. Hmm, das hört sich aber schwer nach Fake News an, obgleich man es mathematisch eher schlichten Gemütern sicher verkaufen könnte.

Es gibt auch die logarithmische Zählweise. Die wird gerne bei grafischer Darstellung von Daten angewandt, deren Unterschiede sehr groß sind. Etwa der Vergleich der Bevölkerungszahl von China, Monaco und Luxemburg. Normal angezeigt hätte man den Eindruck, dass in Monaco niemand wohnt. Man zählt dann in Zehnerpotenzen, also 1, 10, 100, 1000 und so weiter. Der Clou an dieser Methode ist, dass man es dazu schreibt, wenn man sie benutzt.

Auch das Zählen mit Teilmengen ist möglich. Wenn Ihr gleich mächtige Teilmengen definiert, könnt ihr die Anzahl der gezählten Teilmengen nehmen und sie mit ihrer Mächtigkeit multiplizieren. Dann ist die Gesamtsumme bestimmt.

Das machen wir jetzt mal. Nehmen wir die Zahl 86. Wo kommt die her? Das ist die auf eine natürliche Zahl hochgerundete Breite der „Straße zum 17. Juni“ in Berlin. Wie immer modellieren wir ein wenig. Bei einem Mindestabstand von 1,50m und einer gerundet 50 cm breiten Person könnten wir 43 Personen in eine Reihe auf der Straße positionieren. Bei 20.000 Personen sind das rund 465 Reihen. Jede Reihe bekommt wieder wegen des Mindestabstands 2 Meter zugesprochen. Dann sind wir bei einer Länge von 930 m. Das passt auf die Straße des 17. Juni, die ja gut 3500 m lang ist.

Bei 1,3 Mio Personen hätten wir abgerundet 30233 Reihen. 2 Meter Sicherheitsabstand drauf und wir sind bei 60465 Meter oder gut 60 Kilometer. Das wird eng. Nun soll der Mindestabstand nicht ganz so ernst praktiziert worden sein. Ich war nicht da, habe nur zwei Livereportagen gesehen, die die Richtigkeit dieser These bestätigt. Nehmen wir aus Spaß an, es wäre so. Halbieren wir den Abstand in Länge und Breite, dann müssen wir die Länge der Demonstration durch 4 teilen. Aber auch das sind noch 15 Kilometer, passt auch nicht.

Aber bei der Loveparade vor ein paar Jahren sollen doch mehr als 1 Millionen Personen gezählt worden sein, wie soll das denn dann gehen? Ganz einfach. Aufgrund des Themas der Loveparade waren viele Abstände zwischen Personen im negativen Bereich und dann passt das.

Was lernen wir daraus? Wer „Fake News“ und „Lügenpresse“ brüllt, sollte erstmal beim Abzählen der eigenen Angaben Grundlagentraining machen, aber da hilft geilemathe ja immer gerne.

  1. Jürgen

    „Aufgrund des Themas der Loveparade waren viele Abstände zwischen Personen im negativen Bereich und dann passt das.“
    Allein dieser Satz ist zwei likes wert.

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